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Zwischenmenschliches

Brasilianer legen gegenüber ihren Mitmenschen ein sehr aufgeschlossenes Verhalten an den Tag: Man lächelt einander an, unterhält sich mehr (Smalltalk beherrscht jeder). Auch gerade mir als Fremden traten sie stets aufgeschlossen und interessiert gegenüber. Zum Teil hatte ich das Gefühl einen „Ausländerbonus“ zu haben.

Körperberührungen sind in Brasilien überaus gebräuchlich. Zur Begrüßung werden zwischen heterogenen Geschlechtern und Frauen untereinander meistens ein, bisweilen jedoch bis zu drei, (angedeutete) Küsschen auf die Wange ausgetauscht.
Auch wenn sich zwei Männer beispielsweise auf der Straße begegnen, wird beiläufig mit der händedruckfreien Linken kumpelhaft auf die Schulter (im weitesten Sinne) geklopft – auch einfach so zwischendurch... Da man sich sehr schnell daran gewöhnt, möchte ich mich schon vorher für das Rumtätscheln an euch entschuldigen, wenn ich dann wieder im alten Europa bin.

Des Weiteren habe ich die Brasilianer als sehr gastfreundlich kennen gelernt, man wird schnell zu Festen oder in die Wohnungen eingeladen, auch über sieben Ecken. Besonders nett ist dann, etwa nach einer Übernachtung, die obligatorische Entschuldigung des Gastgebers, für den Fall, dass es dem Gast an irgendetwas gefehlt hat - was nie der Fall war, da man wirklich erstklassig behandelt wird. Dabei finden die Brasilianer einen besonderen Weg, bei dem der Gast die nötige Aufmerksamkeit erhält, ohne dass er den normalen Ablauf der Familie zu stören scheint – er ist dann einfach mittendrin statt nur dabei.
Weiteres Beispiel: Unternimmt man mit Freunden einen Ausflug und will sich für die Einladung und das Mitnehmen bedanken, wird abgewinkt und sich postwendend für die Begleitung bedankt.

Wenn man in Brasilien Hilfe benötigt, bekommt man sie auch; oft sogar ohne zu fragen. Da wird nicht gestöhnt und nach Ausreden gesucht, es wird geholfen. Oft hat sich in öffentlichen Verkehrsmitteln gleich eine ganze Schar von Leuten zu Wort gemeldet, wenn man nur mal leise nachfragen wollte, wo denn die beste Möglichkeit zum Umsteigen ist – irgendwie weiß das auch immer jeder. Oder wenn man mal wieder irgendwo gelandet ist, von wo aus man zu später Stunde nicht mehr nach Hause kommt, genügt ein Anruf und man wird sofort von Freunden abgeholt, die beteuern, dass es ihnen auch nicht im Geringsten etwas ausmacht.

Zwischen Mann und Frau läuft es in diesem Land auch etwas anders – hier wohnt der Macho. Die Frau hat dementsprechend einen geringeren Wert und es im Leben noch um einiges schwerer. Stärker als in Deutschland orientieren sich die Frauen deswegen auch bei der Partnerwahl an Kriterien wie Geld und Sicherheit – was natürlich sehr lustige Paare ergeben kann.

Dadurch, dass der Großteil der brasilianischen Bevölkerung gläubig ist und die Elterngeneration nach wie vor an traditionellen Werten festhält, haben es junge Leute hier beziehungstechnisch etwas schwerer. So ist nämlich die gemeinsame Wohnung für nicht Verheiratete so gut wie ausgeschlossen. Die Kinder leben nicht selten auch noch mit über 30 Jahren bei den Eltern, wenn sie im gleichen Ort wie die Eltern wohnen. Also wohl dem, der wegen eines Studiums oder Berufes in einen anderen Ort zieht um dort alleine oder eben in einer WG zu wohnen und der das dann auch sicherlich auszunutzen weiß. Doch bei diesen „jungen Wilden“ kann dann wieder ein anderes Phänomen auftreten, das dem eigentlichen Leitgedanken, sich früh fest zu binden, entgegensteht. So werden zwar auch Beziehungen geführt, aber nur bis zu dem Grad, bis die sich daraus ergebenden Pflichten oder die Verantwortung einen bestimmtes Level übersteigen. Andernfalls wird oftmals die Notbremse gezogen.

© Robert Köllein 2005